Parvovirose beim Hund
Wogegen werden eigentlich Hunde geimpft?
Die Parvovirose ist eine hochansteckende, weltweit verbreitete Viruserkrankung, die insbesondere für ungeimpfte Hunde eine große, und häufig tödliche verlaufende Erkrankung darstellt. Sie wird durch das canine Parvovirus (CPV) hervorgerufen. Das CPV ist ein sehr widerstandsfähiges behülltes DNA-Virus, welches Monate in der Umwelt überleben kann. Der ursprüngliche Stamm ist CPV-2, es gibt jedoch auch neuere Varianten 2a und 2b, die CPV-2 weltweit ersetzten. Eine sehr neue antigene Mutante 2c gibt es bereits in vielen Ländern wie Spanien, Deutschland und Großbritannien. Dies ist vor allem für das Reisen mit Hunden von Bedeutung.
Epidemien werden in Deutschland aktuell keine mehr beobachtet. Dennoch treten Parvovirusinfektionen nach wie vor bei ungeimpften Hunden, oder solchen deren Impfschutz noch nicht vollständig ausgebildet ist, auf. Besonders gefährdet sind aber auch Welpen, deren maternale Antikörper gerade unterhalb der schützenden Grenze gefallen sind und deren körpereigene Antikörperproduktion erst im Aufbau begriffen ist. Diese Welpen sterben meist noch vor Erreichen des dritten Lebensmonats an den Folgen einer Entzündung des Herzmuskels. Grundsätzlich können sich aber alle Hunde ab einem Alter von vier Wochen infizieren. Die meisten Hund, die erkranken sind jünger als ein Jahr.
CPV wird in großer Menge mit dem Kot (häufig Durchfall, oft blutig) erkrankter Tiere ausgeschieden. Ein Gramm Kot kann dabei eine Virusmenge enthalten, die für die Infektion einer Million Hunde ausreichen würde.
In einer betroffenen Zucht wird schnell ein hoher Infektionsdruck aufgebaut und die Einschleppung des Virus in eine Zucht kann sehr leicht über Schuhsohlen, oder Kleidung erfolgen, ohne dass ein direkter Kontakt mit einem infizierten Hund stattgefunden hat. Die Ansteckung erfolgt ebenfalls häufig fäkal-oral durch kotkontaminiertes Futter, Gegenstände wie Spielzeug oder Kleidung. Die Infektion eines Hundes in der Wohnung durch den Besitzer oder Besucher ist daher auch möglich.
Übertragung, Symptome und Verlauf
Das CPV benötigt zu seiner Vermehrung Zellen mit einer hohen Teilungsrate wie z.B. Zellen im Darm, des blutbildenden Systems und des Immunsystems. Der Schweregrad der Infektion mit dem Parvovirus variiert und der Verlauf hängt zum einen von der Infektionsdosis, zum anderen vom Alter und vom Immunstatus der Tiere ab. Während ältere Hunde seltener erkranken, sind ungeimpfte oder ungenügend geimpfte Junghunde bis zu einem Alter von sechs Monaten stark gefährdet.
Nach oraler Infektion vermehrt sich das Virus zunächst in den lymphatischen Geweben des Nasen-Rachen-Raumes und gelangt dann in einer Virämie in nahezu alle lymphatischen Organe. Von hier aus kommt es dann sekundär zu einer Infektion des Darmepithels und den damit verbundenen Schädigungen mit bis zur vollständigen Zerstörung des Darmepithels. Daraus resultiert das Hauptsymptom der Parvovirose, die hämorrhagische Gastroenteritis – hochgradig blutiges Erbrechen und Durchfall durch Entzündung des Magen-Darmtraktes).
Die Inkubationszeit (Tage nach der Infektion, nach denen die ersten Symptome Auftreten) beträgt etwa 4-7 Tage. Die ersten Symptome sind oft unspezifisch. Appetitlosigkeit, Schwäche, Müdigkeit und Fieber gehören dazu. Später folgen Erbrechen und Durchfall.
Bei einem akuten Verlauf kommt es zu plötzlichem, starkem und anhaltendem Erbrechen. Kurz darauf tritt wässriger oft blutiger Durchfall auf. Die Tiere können über 41,5°C Fieber haben, einige leiden aber auch an Untertemperatur. In Folge von Durchfall und Erbrechen dehydrieren die Tiere schnell (austrocknen). Zu Todesfällen kommt es vor allem bei jungen Hunden in Folge von Endotoxinschock bzw. einer Blutvergiftung. Die Infektion des Knochenmarks (blutbildendes System) führt zu einem massiven Mangel an weißen Blutkörperchen/Leukozyten/Lymphozyten (Leukopenie), wobei die Lymphozyten besonders betroffen sind. Daraus resultiert eine Immunschwäche (Immunsuppression). Dies begünstigt Sekundärinfektionen mit anderen Erregern, wie Bakterien und Viren, sowie Pilzen.
Häufig kommt es zu einer Entzündung des Herzmuskels, dies führt zu einem schnellen Versterben des Hundes.
Diagnose, Behandlung und Impfschutz
Behandlungen für Parvovirose sind beschrieben und es stehen Medikamente für die Unterstützung des Immunsystems zur Verfügung. Wichtig ist es den Flüssigkeitsverlust auszugleichen und gegebenenfalls auch der durch den Blutverlust entstandenen Anämie (Blutarmut) entgegenzuwirken. Die Behandlung ist in jeder Hinsicht sehr aufwendig.
Die Prognose einer klinisch manifesten Parvovirose ist als eher schlecht einzustufen. Überleben die Tiere den fünften Krankheitstag, verbessert sich die Prognose. Auf Grund einer Schädigung des Herzmuskels durch das Virus, kann es jedoch zu Herzmuskelentzündungen mit Spätfolgen kommen. Genesene Tiere scheiden das Virus über einen kurzen Zeitraum von insgesamt 2 – 3 Wochen aus. Eine Viruspersistenz im Sinne einer Dauerausscheidung ist nicht beschrieben.
Die Diagnose einer Parvovirose ist relativ leicht zu stellen. Das Virus lässt sich im Kot mit verschiedenen Techniken nachweisen, wie Isolierung des Virus in der Zellkultur, Nachweis des Virusgenoms durch Polymerase-Kettenreaktion (PCR) oder Darstellung von Virusantigen in Geweben durch Immunhistochemie oder Immunfluoreszenz. Einfacher und sehr verlässlich ist der Nachweis von Parvovirusantigen im Kot infizierter Tiere durch so genannte Schnelltests, die innerhalb von Minuten in der Tierarztpraxis durchgeführt werden können und auf dem Prinzip der Immunchromatographie oder eines Antigen-ELISA beruhen. Die Möglichkeit einer direkten Erregerdarstellung im Kot infizierter Tiere durch Elektronenmikroskopie ist ebenso möglich und gebräuchlich. Serologisch lässt sich eine stattgefundene Infektion durch den Nachweis spezifischer Antikörper belegen, wofür der Hämagglutinationshemmungstest angewendet wird.
Der wirksamste Schutz ist eine gegen alle Varianten (CPV 2a, 2b und 2c) des Virus schützende Impfung im Welpenalter. Solch ein Schutz wird z.B. durch den Intervet Parvo Impfstamm, der in allen Parvo haltigen Impfstoffen in sehr hoher Antigenkonzentration enthalten ist, bewirkt. Die Impfstoffe können bereits ab einem Alter von 4 Wochen eingesetzt werden. Wichtig für die Ausbildung einer wirksamen Immunität ist eine korrekt erfolgte Grundimmunisierung. In Zuchten sollte auf eine gute Immunisierung der Hündinnen vor der Trächtigkeit geachtet werden. Das heißt, dass Hündinnen die gedeckt werden, einen ausreichenden Impfschutz haben müssen, um über das Blut maternale Antikörper an die Welpen weitergeben zu können, um diese so indirekt zu schützen. Sollte dies nicht erfolgt sein, können die Impfstoffe auch noch in der Trächtigkeit verabreicht werden. Wichtig ist aber auch ein Höchstmaß an Hygiene, um zu vermeiden, dass die Welpen mit großen Virusmengen in Kontakt kommen.
Ein wichtiges Problem bei der Grundimmunisierung gegen die Parvovirose stellt die so genannte „immunologische Lücke“ dar. Diese als „kritische Phase“ zu bezeichnende Zeitspanne ist die Lebensphase, in der der Welpe die maternalen Antikörper soweit abgebaut hat, dass sie ihn nicht mehr vor einer Infektion schützen können. Diese geringe Restmenge an Antikörpern kann aber trotzdem noch die Impfung stören. Der richtige Zeitpunkt der Impfung hängt also entscheidend von der Menge der mit der Muttermilch aufgenommenen Antikörper ab. Ein zu frühes Absetzen der Welpen von der Mutter sollte deshalb vermieden werden. In Deutschland kommt die Parvovirose durch die regelmäßigen Impfungen nur noch sehr selten vor. In Zuchten, in denen nicht regelmäßig geimpft wird, kommen Parvovirusinfektionen dagegen häufig vor. Hunde sollten jederzeit einen Impfschutz aufweisen. Zuchthündinnen sollen durch regelmäßige Impfungen hohe maternale Antikörpertiter an die Welpen weitergeben und benötigen eine optimierte Immunität, gegebenenfalls durch Wiederholungsimpfungen, vor dem Belegen.
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Ihr Praxisteam der Tiermedizin am Rothenbaum