Über die Magendrehung

 

Missie hatte letzte Woche, in der Nacht zu Sonntag, eine Magendrehung. Ein seltener, aber absolut lebensbedrohlicher Notfall! Wir haben sie sofort operiert, es war kritisch - und sie hat überlebt und alles gut überstanden. Danke für die lieben Genesungswünsche! Nach vielen Fragen zum Thema Magendrehung haben wir Euch einen Infotext dazu versprochen. Here we go:   

 

Kurztext für Eilige:
Magen verdreht, schnürt ab, gast auf, wird extrem prall. Bauch klingt wie hohle Trommel. Nicht häufig. Immer sehr eilig u lebensgefährlich. V.a. alte große Hunde. Hund würgt ständig, speichelt, würgt Schaum aus. Todesangst. Unbehandelt tödlich binnen Stunden. Meist OP nötig - die nicht immer rettet. Vorbeuge: mind. 2 o.3 Fütterungen tgl., Ruhe nach dem Fressen.


Mehr Infos für Interessierte:
Die Magendrehung ist ein superakuter und lebensbedrohlicher Notfall beim Hund. Sie betrifft vor allem ältere und große Tiere. „Sie sterben nicht dran, sie verrecken dran!“ So drastisch hat mein Lehrtierarzt das immer ausgedrückt. Zu Recht: Unbehandelt ist die Magendrehung tödlich binnen ein, zwei Stunden und es ist ein elendes Leiden. Fast immer ist eine Not-OP erforderlich, doch die ist längst nicht immer rettend. Etliche Patienten versterben vor, während oder auch noch nach der OP.

Was ist eine Magendrehung?
Bei der Magendrehung verdreht sich der Magen in der Längsachse und gast auf. Dadurch wird nach oben hin die Speiseröhre abgeschnürt, nach unten der Darm. Auch die Blutversorgung des Magens wird abgeklemmt. In der Folge wird kaum noch Magensäure produziert - und noch mehr Gas entsteht. Binnen 20 Minuten hat der Hund einen riesigen Medizinball im Bauch! Das ist nicht nur übelst schmerzhaft. Sondern der Magen wird so prall und groß, dass er irgendwann die Venen im Bauchraum zusammendrückt. Das venöse Blut kann immer weniger zum Herzen fließen - das arme Tier stirbt am Kreislaufversagen.

Wie kommt es dazu?  
Eine Magendrehung passiert vor allem, nachdem eine (zu) große Futtermenge hastig verschlungen wurde. Vor Schmacht und Gier wird auch Luft mit abgeschluckt. So kommt ein ordentliches Futtergewicht unten in den Magen, darüber eine Luft-/ Gasblase. Dann darf der Hund sich nicht unglücklich bewegen -  eine Treppenstufe kann reichen, ein über-den-Rücken-wälzen, ein ungestümes Spiel. Dann dreht sich der Magen im Hund oder „der Hund dreht sich um seinen Magen“: Durch Gewicht unten und Gas oben mag der Magen im dreidimensionalen Raum zwar unverändert bleiben - aber der Hundekörper dreht sich quasi um seinen Magen herum. Im Ergebnis ist der Magen gekentert und abgeschnürt. Das Verhängnis nimmt seinen Lauf, siehe oben.

Besonders gefährdet sind Rassevertreter mit tiefer Brust und steil aufsteigender Bauchlinie. Dobermänner beispielsweise, oder z.B. Doggen, Hovawarts und Boxer. Warum? Weil durch deren tiefe Brust der Magen ohnehin schon schräg im Körper liegt, „auf halb acht“. Warum eher alte Tiere? Weil auch bei den Hunden das Bindegewebe über die Jahre nicht straffer wird.

Wie erkennt man eine Magendrehung?
Vorab: Man erkennt sofort, dass etwas ü-ber-haupt nicht stimmt. Die Tiere werden sehr unruhig, wandern umher und versuchen (vergeblich) sich zu übergeben. Sie sabbern und würgen ständig, bei gekrümmtem Rücken. Sie bringen Schaum hoch. Und sie haben ganz bald einen Trommelbauch. Dort wo mal eine Taille war (oder hätte sein sollen…) ist jetzt eine Vorwölbung. Anfangs meist auf der rechten Seite, später beiderseits. Klopft man, ergibt sich ein lautes Plong-Plong, ein richtiger hohler Trommelschall.

Jeder Hund kotzt mal oder würgt. Das kennt Ihr. Doch das hier ist anders. Die Hunde sind in echter Not. Und das teilt sich auch mit. Das merkt man. (Kommt bloß nicht bei jedem Rülpserchen mit Magendrehungsalarm angerauscht!… )

Was tun?
Muss man von einer Magendrehung ausgehen, ist echt Eile geboten. Manchmal kann helfen, den Hund am Brustkorb so hochzuheben, dass der ganze Unterkörper in der Luft hängt. Das kann mal dazu führen, dass der Magen, von der Schwerkraft nach unten gezogen, zurückdreht. Dabei gibts einen Megarülpser. Um weitere Aufgasungen zu verhindern, müsste man jetzt Anti-Blähmitttel eingeben. „Sab simplex“ zum Beispiel, das bekommen Babys mit Koliken.
Klappt (wie meistens) eine solche Abgasung nicht, muss operiert werden. Macht man sich auf den Weg, unbedingt die Tierarztpraxis informieren, damit Vorbereitungen getroffen werden können. Jede Minute zählt. Vollnarkose und Magensonde sind das Mindeste. Meist aber auch Bauch auf, Magenwand öffnen, Magen leeren und spülen…  kritisch sind dann der bereits geschwächte Kreislauf und das stark belastetes Herz. 

Kann man vorbeugen?
Man kann zumindest das Risiko mindern - insbesonders bei den alten, tiefbrüstigen Hunden (s.o..). Nie nur eine Fütterung täglich, sondern mindestens zwei bis drei. Das muss nicht morgens - mittags - abends bedeuten, es reicht wenn zwei Stunden zwischen den Portionen liegen. Und nach dem Fressen ab ins Körbchen! Treppensteigen, Spielen, Toben: später. Nach einer Stunde vielleicht.
Doch Missie beweist, dass es volle Sicherheit nicht gibt: Sie hatte nur eine 400g Dosenfutter verspeist, Wasser getrunken und sich dann hingelegt. Es war übrigens ein Magen-Darm-Schonfutter… Sie lag ein paar Minuten im Hundebettchen, schon wurde sie unruhig und begann zu würgen. Dann wurde es echt fulminant - aber sie hat die Not-OP super überstanden. Sie lacht wieder! 

Zur Beruhigung: So eine Magendrehung ist selten. Wir sind keine kleine Praxis - und haben nicht drei Fälle pro Jahr. Trotzdem ist es gut, die Symtomatik zu kennen, deswegen dieser Artikel.

 

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