Kastration aus vernünftigem Grund

Beruft man sich auf den Paragraphen 6, den sogenannten Amputations- und Organentnahme-Paragraphen des Tierschutzgesetzes, speziell auf die Formulierung:

„Verboten ist das vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen oder das vollständige oder teilweise Entnehmen oder Zerstören von Organen oder Geweben eines Wirbeltieres. Das Verbot gilt nicht, wenn (…) zur Verhinderung der unkontrollierten Fortpflanzung oder - soweit tierärztliche Bedenken nicht entgegenstehen - zur weiteren Nutzung oder Haltung des Tieres eine Unfruchtbarmachung vorgenommen wird“ wird klar, dass die Kastration auch aus anderen, als medizinischen Gründen durchgeführt werden darf.

Die Formulierung „zur weiteren Nutzung und Haltung des Tieres“ ist indirekt die Erlaubnis auch für Kastrationen aus anderen als rein medizinischen Gründen.

Es ist absolut korrekt, dass der Gesetzgeber die Indikationsstellung (ob nun medizinisch oder sozial) mit der Formulierung „soweit tierärztliche Bedenken nicht entgegenstehen“ weitestgehend in die Hand von Tierärztinnen und Tierärzten gelegt hat. Eine Kastration kann also vom Hundehalter nicht einfach von der Tierärztin/dem Tierarzt gefordert werden. Gerade bei Aggressivität, oder anderem unerwünschten Verhalten ist die Kastration nicht immer die Lösung, um einen braven und wohlerzogenen Hund zu haben und selbst nichts mehr dafür tun zu müssen.

Die Entscheidung, ob eine rechtliche Begründung für eine Amputations- oder Organentnahme-OP im Sinne von Paragraph 6 des Tierschutzgesetzes vorliegt, ist also immer die Entscheidung der durchführenden Tierärztin oder des durchführenden Tierarztes, denn sie bzw. er muss dafür im rechtlichen Sinne auch dafür geradestehen.

Wir, also Tiermedizin am Rothenbaum, kastrieren Hund nicht, wenn es dafür keine wirklichen Gründe gibt. Aber wir hören unseren Besitzern zu und wenn es klare Verhaltensgründe, oder Haltungsgründe gibt-dann werden wir eine Kastration nicht verweigern.

Aber natürlich helfen wir unseren Tierbesitzer*innen auch Hilfe bei der  Erziehung und bei Verhaltensauffälligkeiten zu finden und haben auch gute Adressen dafür parat. Umsetzen muss es aber jeder selbst - zusammen mit seinem Hund. Nicht jedes Verhalten ändert sich derartig erwünscht in die richtige Richtung nach einer Kastration. Persönliches Engagement wird in jedem Fall gefragt sein und gerade bei Verhalten und Aggressivität braucht man oft einen langen Atem und Geduld.

Die Behauptung, die allerdings oft im Internet kursiert, dass das Tierschutzgesetz Kastrationen nur aufgrund einer rein medizinischen Indikation zulassen würde, ist jedoch einfach falsch!

facebook
telefon
anfahrt